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Menschlichkeit vs. Dogmatismus

Verlieren wir mit den zunehmend enger werdenden gesellschaftlichen Regeln unsere Menschlichkeit?

Der Grund für diesen Beitrag waren gleich mehrere Erlebnisse, die ich bei meinem letzten Wochenendtrip nach Hamburg sammeln durfte. Ich wollte eine gute Freundin besuchen und Werbung für unser kommendes Seminar machen, plante also eine angenehme Mischung aus Geschäftsreise und privatem Besuch. Am Berliner Hauptbahnhof sah ich mich mit der Situation konfrontiert, das mein Zug einfach ausgefallen ist. Nicht verspätet, sondern komplett storniert, sowas hatte ich noch nie erlebt. Nun gut, lösungsorientiert und guter Dinge buchte ich kurzer Hand einen Fernbus, fuhr zum ZOB am Messegelände und saß kurz darauf bequem im Bus, glücklich, dass alles so gut geklappt hat. Was ich dann erlebte, hat mich so berührt, fast schon erschüttert… An jemand anderen mag die Situation unmerklich vorbeigegangen sein, für mich war sie Anlass genug nachzudenken und diesen Beitrag zu schreiben. Was ist passiert?

Zunächst einmal gab es Verwirrung, weil einige Fahrgäste einen Sitzplatz reserviert hatten und andere nicht. Eine junge Afrikanerin stand dort, das Gesicht mit Maske bedecket, und bekundete offen, dass sie nicht wisse, wo ihr Platz sei, weil sie keine Sitzplatzreservierung gemacht hatte. Nach einigem hin und her wies ihr der Busfahrer oder -Begleiter einen Sitzplatz zu und sagte laut, so, dass der ganze Bus es hören konnte, so etwas wie “manchmal muss man auch den Verstand einschalten” und stellte die junge Frau damit aus meiner Sicht als “doof” da, ein absolutes No Go im Servicebereich. Kurz darauf fuhr der Bus los und nach etwa 10 m, der Bus hatte gerade die Bushaltestelle verlassen, war aber noch auf dem ZOB-Gelände, klopfte eine junge, sehr hübsche Frau asiatischer Herkunft mit beiden Händen an die Fahrertür und zeigte ihr Ticket. Er ignorierte sie und fuhr langsam weiter. Sie rannte und klopfte erneut energisch, zeigte ihr ausgedrucktes Ticket mit beiden Händen hoch in die Luft, so dass alle es sehen konnten. Der Bus stand dort, mit laufendem Motor, warte dass sich die Schranke vom ZOB öffnet, ließ aber die Tür verschlossen. Die junge Frau nahm die Hände in Gebetshaltung vor ihr Herz, ging auf die Knie zu Boden und fing an zu weinen. Der Bus fuhr weiter und ließ sie zurück… Mir brach dieser Anblick das Herz.

Wie hättest du diese Situation empfunden?

Dogmatismus oder Menschlichkeit?

Ja, es gibt diese Vorschriften und ja, es gibt Versicherungsklauseln, die genau regeln wann wer wo einsteigen darf usw. Aber ganz ehrlich, hätte er nicht einfach 10 Meter zurücksetzen können, um wieder an der Bushaltestelle zu stehen? Oder EINFACH KURZ DIE TÜR ÖFFNEN? Wo ist da die Menschlichkeit? In so ziemlich jedem anderen Land, wäre die Tür geöffnet worden, da bin ich mir ganz sicher. Aber hier halten sich alle so steif an irgendwelchen Regeln fest, dass ich mich ernsthaft frage, wo das alles hinführen soll!? Als wir den ZOB verlassen hatten griff der Busfahrer zum Mikrofon und hielt uns einen Vortrag zum Thema Pünktlichkeit, womit er natürlich sein Verhalten zu rechtfertigen versuchte. Anschließend wies er uns danach darauf hin, dass die Maskenpflicht bestehe und diese auch zum Essen und Trinken nur kurz abgenommen werden darf, andernfalls hätte er das Recht Fahrgäste an der nächsten Raststätte rauszusetzen. Hallo Deutschland, ich fühl mich hier richtig wohl. Wie lange darf ich jetzt kauen, ohne dass es als übermäßig hinausgezögerte Essenspause und Verletzung der Maskenpflicht gewertet wird?

Sind Regeln wichtiger als Menschlichkeit? Werden Menschen zunehmend als kalte Roboter ausgebildet, denen die Durchsetzung bestimmter Regeln und Gesetze als einziges Ziel antrainiert bekommen? Wird hier eigentlich mal hinterfragt, ob das alles angemessen ist?

Aus meiner Sicht stehen menschliche Werte IMMER an erster Stelle! Gesetzte und Regeln ändern sich doch eh ständig, aber die Werte sollten fester Bestandteil eines jeden Systems sein und damit unantastbar.

Wie siehst du das Ganze? Hinterlasse doch gerne einen Kommentar, ich freue mich von dir zu lesen.

Herzlichst,

Julia

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